Dr. Rupert Neudeck: „Ich will nicht mehr schweigen. Über Recht und Gerechtigkeit in Palästina“

Vortrag und Diskussion mit Dr. Rupert Neudeck am Dienstag, dem 12. Juni 2007, um 19.30 Uhr im Forum der Anne-Frank-Schule Gütersloh, Düppelstr. 25b

Veranstalter: JUGENDFRIEDENSPROJEKT Israel / Palästina an der Anne-Frank-Schule Gütersloh in Kooperation mit Begegnung. Deutsch-Palästinensisches Jugendwerk

Auf Einladung der Anne-Frank-Schule Gütersloh und der Stiftung Begegnung. Deutsch-Palästinensisches Jugendwerk kam der promovierte Theologe, Journalist und bekannte Menschenrechtler Dr. Rupert Neudeck, weltweit bekannt geworden als Gründer der Hilfsorganisation „Cap Anamur“, nach Gütersloh.

Im Juni 2007 jährte sich zum 40. Mal die israelische Besetzung der Westbank, Ostjerusalems, des Gazastreifens und der Golanhöhen. Rupert Neudeck, der seit über 25 Jahren in Krisenregionen der Welt im Einsatz ist, sprach über die aktuelle Situation im Nahen Osten.

Auf mehreren humanitären Reisen durch die palästinensischen Gebiete hat Rupert Neudeck die verzweifelte Lage der dortigen Bevölkerung aus erster Hand erfahren. In seinem Buch „Ich will nicht mehr schweigen. Über Recht und Gerechtigkeit in Palästina“ gibt er davon ein bewegendes Zeugnis. Das Buch ist dem Musiker und Dirigenten Daniel Barenboim gewidmet, der mit seinem arabisch-israelischen Orchester im August 2005 im palästinensischen Ramallah der Welt ein Zeichen des Friedens setzte.
R. Neudeck skizzierte das Unrecht des israelischen Besatzungsregimes in der Westbank, dem er auf humanitären Missionen begegnete. Gerade vor dem Hintergrund der Politik Israels liegt Rupert Neudeck eine ehrliche Bestandsaufnahme der deutsch-israelischen Beziehungen besonders am Herzen.

Ausgangspunkt seines Buches sind die visionären Gedanken des berühmten jüdischen Philosophen und Humanisten Martin Buber zu einer gerechten Lösung im „Heiligen Land“. Martin Buber hatte einen Zweivölkerstaat angestrebt und die gewaltsame Kolonisierung durch die Juden abgelehnt.

Dr. Rupert Neudeck mit den Schülern und Lehrern der beiden Partnerschulen. Foto: AFS

Wir freuten uns besonders darüber, dass diese öffentliche Veranstaltung zeitlich zusammenfiel mit dem Begegnungsprogramm der beiden Partnerschulen Anne-Frank-Schule Gütersloh und Evangelical-Lutheran School of Hope (Ramallah).vom 6. bis 20. Juni 2007. Dr. Rupert Neudeck freute sich, die 14 palästinensischen Gastschülerinnen und -schüler mit ihren Lehrern und die deutschen Partner zu einem Gespräch zu treffen.
Das deutsch-palästinensische Begegnungsprogramm stand unter dem Motto „Menschen- Leben für Frieden und Gerechtigkeit. Jugendliche aus Deutschland und Palästina befassen sich mit Persönlichkeiten, die sich für Frieden und Menschenrechte einsetzen.“
In dem Gespräch mit Dr. Neudeck über sein Friedens- und Menschenrechtsengagement erfuhr die Gruppe, dass dieser den christlichen Palästinenser Daoud Nasar in seinem juristischen Kampf um sein Land bei Bethlehem unterstützt, für den sich auch das Friedensprojekt der Anne-Frank-Schule seit Jahren engagiert.

Dr. Rupert Neudeck über das Verhältnis der Deutschen zu Israel und Palästina:

„Wir Deutschen haben ein besonderes Verhältnis zu den Juden, das aus unserer Geschichte kommt und uns als Nation immer begleiten wird. Das besondere Verhältnis aber bedeutet nicht bedingungsloses Befolgen und Gutheißen der Politik des Staates Israel. Gerade weil wir Deutschen uns in unserer Zeitgeschichte so furchtbar an Menschen und anderen Völkern versündigt haben, ist es wichtig, dass es für uns auf Dauer immer nur die Priorität der Menschenrechte gibt.
Wir müssen uns um die Palästinenser kümmern, die seit 60 Jahren und verschärft seit 40 Jahren keine selbst bestimmte Existenz als Volk und Staat führen können. Alles Reden von einer Palästinenser- „Regierung“, „Autorität“ oder Administration verschleiert diesen Zustand, den nur die Internationale Staatengemeinschaft und besonders Europa zustande bringen kann. Beide Konfliktparteien sind – ohne das gegeneinander abzuwägen – ganz offenbar dazu nicht in der Lage. 40 und 60 Jahre sind als Unrechtszustand genug.“

Lebenslauf von Dr. Rupert Neudeck

Rupert Neudeck wurde am 14. Mai 1939 in Danzig geboren. Er studierte Philosophie, Germanistik, Soziologie und Theologie. 1972 promovierte er über die „Politische Ethik bei Jean-Paul Sartre und Albert Camus“. Von 1977 bis 1997 war er als Journalist beim Deutschlandfunk in Köln tätig.
Anlässlich der großen Not vietnamesischer Flüchtlinge im Südchinesischen Meer gründete Rupert Neudeck 1979 mit Unterstützung des Schriftstellers Heinrich Böll das deutsche Komitee "Ein Schiff für Vietnam". 1982 wurde daraus die Hilfsorganisation "Komitee Cap Anamur/Deutsche Notärzte e.V.". Namensgeber war der Frachter Cap Anamur, mit dem die Besatzung um Rupert Neudeck mehr als 9.500 vietnamesischen Flüchtlingen (sogenannten „boat people“) das Leben gerettet hat. Das Komitee weitete seine Aktionen auf andere Krisenregionen aus. Krankenhäuser in Vietnam, Ambulanzen in Kolumbien und Äthiopien, Hospitäler in Nordirak und Tschetschenien - heute sind die Komitee-Mitarbeiter weltweit im Einsatz. Als weltweit einzige Hilfsorganisation bemühte sich das Komitee Anfang der 90er Jahre um die Entschärfung von Minen in Angola. 1998 gibt Neudeck den Vorsitz der Organisation an den Kinderchirurgen Benno Ure ab und ist anschließend bis 2003 Sprecher von Cap Anamur.
Im April 2003 gründete er mit Aiman Mazyek, einem deutsch-syrischen Muslim, und dem Baumeister Josef Grundner das Projekt „ Grünhelme e.V.“. Der Verein unter dem Vorsitz von Rupert Neudeck lässt die Peace-Corps-Idee von John F. Kennedy wieder aufleben: Junge christliche und muslimische Deutsche verpflichten sich, für drei Monate und länger unentgeltlich bei humanitären Projekten mitzuarbeiten. Das Peace-Corps leistet konkrete Aufbauarbeit: Häuser, Schulen, Kliniken und Ambulanzen, Gotteshäuser. Bei dieser Arbeit verbünden sich ausdrücklich deutsche Christen und Muslime. Der Name Grünhelme entstand in Anlehnung an die blauen Helme der UN-Soldaten („Blau-Helme“). Außerdem ist Grün die Farbe der Hoffnung, der Ökologie und auch der Muslime. Nicht mit großen Worten, sondern mit Taten wollen sie den Dialog der Kulturen und Religionen voranbringen.
Rupert Neudeck ist seit über 25 Jahren in rastloser Mission für Not leidende Menschen im Einsatz.
Der promovierte Theologe erhielt für sein vielfältiges humanitäres Engagement zahlreiche Auszeichnungen. So wurde er für "sein klares Bekenntnis zur Option für die Armen und sein von einer impliziten Theologie bestimmtes diakonales Eintreten für die von Krieg und Not betroffenen Menschen, unabhängig von ihrer Religion oder Herkunft" im Jahr 2005 von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet.

Link zu Grünhelme e.V.

www.gruenhelme.de